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SIGNAL+DRAHT | Ausgabe 06/2001

Die Gratwanderung zwischen bestehendem Regelwerk und neuen Normen

Juni 2001 | Karl-Heinz Suwe

Mit Einführung der EN 50126, EN 50128 und EN 50129 beginnt aus deutscher Sicht in der Signaltechnik eine neue Phase. In der Vergangenheit wurden die technischen Sicherheitsanforderungen aus dem Blickwinkel des möglichen technischen Versagens einzelner Bauelemente in Regelwerken sehr präzise definiert. Charakteristisch daran ist, dass sie nur einen Sicherheitslevel kennen (Mü 8004). In Deutschland wurde mit Anwendung der Normen DIN V 19250 / 19251 Mitte der 90er Jahre zu Risikoanalysen zur Bestimmung einer von acht Sicherheits-Anforderungsklassen übergegangen. Dieser Ansatz ist zwar nicht mehr einstufig, aber auch noch nicht quantitativ. Die EN 50129 und die EN 50128 fordern Risikoanalysen, die als Ergebnis einen mathematischen Wert (z.B. 0,5 x 10 -8 ) ausweisen, der dann zur Bestimmung eines von vier Sicherheitslevel (z.B. SIL 4) herangezogen wird. Die Abstufung der Sicherheitsanforderungen ist sehr häufig mit der Erwartung verbunden, eine preiswertere Technik zur Verfügung stellen zu können. Ein wichtiger Punkt bei den Risikoanalysen ist die Definition der Bereiche, für die sie durchzuführen sind. Klar ist, dass das System und seine Grenzen eindeutig bestimmt werden müssen. Aber was ist alles einzubeziehen und in welchem Umfang sind Risikoanalysen durchzuführen? Dabei ist zu beachten, dass in der Regel rechtliche Vorgaben bestehen und betriebliche Verfahren - für den Regelfall und Ausnahmesituationen -sowie damit verbundene Planungsregeln für das Netz einer Bahn (zumindest aber für Teilnetze) vorgegeben sind. Auch macht es keinen Sinn, für jedes Stellwerk und jeden Bahnübergang eine eigenständige Risikoanalyse zu erstellen. Die Bahnen sollten daher versuchen, Risikoanalysen für ihre Anwendungsfälle zu standardisieren, wobei es durchaus möglich und zweckmäßig ist, diese bei unterschiedlichen Betriebsbedingungen zu klassifizieren.